„Ein Schütze allein ist gar nichts“
13.09.2021

Es waren bewegende Minuten, die sich am Freitag in der altehrwürdigen Lippstädter Schützenhalle an der Bellevue abspielten. Mit Standing Ovations verabschiedeten mehr als 100 Schützen ihren scheidenden Oberst Toni Rösch, der nach zehnjähriger Vorstandsarbeit an der Spitze des Lippstädter Schützenvereins für eine weitere Amtszeit nicht mehr zur Verfügung stand.

Von Dieter Tuschen

Lippstadt – Bei einer Gegenstimme wählten die Schützen im Verlauf der Herbstgeneralversammlung Dr. Sebastian Verhoeven (1.Kompanie) zu seinem Nachfolger. „Ich hatte richtig Schiss und großen Bammel, bevor ich das Amt als Oberst vor einem Jahrzehnt angetreten habe. Aber ich war all die Jahre mit ganzem Herzen dabei und habe großen Spaß gehabt“, erklärte der scheidende Oberst. „Doch ein Schütze allein ist gar nichts. Ohne euer aller Unterstützung hätte ich das alleine nicht geschafft. Ich habe Fehler gemacht, aber die habt ihr mir verziehen. Ich wollte von Anfang an jedem Schützenbruder mit Respekt entgegentreten. Das war mein Ziel, und ich hoffe das ist mir gelungen.“

Den mit 970 Mitgliedern größten Schützenverein Lippstadts bezeichnete Toni Rösch als seine Familie und Heimat, und zückte sogleich ein Taschentuch, denn ein paar Tränen zum Abschied konnte er nicht verhindern. Aus den Händen seines Adjutanten Jochen Wördehoff erhielt Rösch keinen Orden, dafür aber einen Bildband mit zehnjähriger Zeitgeschichte als Oberst. Eine Ernennung zum Ehrenoberst lehnte der 57-Jährige ab. „Ich denke, wir brauchen nur einen Ehrenoberst. Und das ist verdientermaßen Hubertus Linhoff. Er war und ist immer ein Vorbild für mich gewesen. Ich hätte den Ehrentitel gerne angenommen, und es ehrt mich, aber ich möchte ab jetzt einfach erst einmal nur Schütze in der dritten Kompanie sein“, so Toni Rösch.

Mit der Wahl von Dr. Sebastian Verhoeven steht erstmals ein Oberst aus dem Süden Lippstadts an der Spitze des Vereins. „Mit meiner Wahl ist ein weiterer toller Schützenverein im Süden unserer Stadt vertreten“, so der neue Oberst mit einem kleinen Verweis auf längst vergangene Rivalitäten. Er hatte dabei die Lacher auf seiner Seite. „Ich weiß, die Fußstapfen sind groß, in die ich ab heute treten werde. In jedem vernünftigen Lippstädter Haushalt sollte eine grüne Jacke hängen und ich werde mein Bestes dafür geben“, so Verhoeven.

Sein Bestreben ist es, mit den Kompanien, aber auch mit anderen Schützenvereinen ein Netzwerk zu schaffen, das allen Schützen dient. „Wir wollen auch dem Nachwuchs einen attraktiven Mehrwert bieten und uns dabei zwischen Studentenverbindungen, Sportvereinen und Serviceclubs positionieren“, so Verhoeven gegenüber unserer Zeitung.

Für den neuen Oberst steht Nachhaltigkeit im Vordergrund. Die finanzielle, aber auch die soziale. „Ich bin froh, dass wir ein gutes finanzielles Polster haben. Darauf können wir aufbauen und wo nötig investieren. Aber zu solchen Themen werden wir in den nächsten Monaten unsere Mitglieder befragen“, so der 41-Jährige.

Dass der Verein finanziell gut dasteht, ergaben die Ausführungen von Rendant Axel Timmermann. „Wir haben trotz der ausgefallenen Schützenfeste in den vergangenen zwei Jahren einen leichten Überschuss erwirtschaftet und können die uns vorgenommenen Projekte in Angriff nehmen.“ Im Vordergrund steht dabei ein Dreisäulenmodell, das Investitionen wie etwa in die Schützenhalle, Rückflüsse an die Kompanien und Rücklagen für die Zukunft beinhaltet.

Vor dem Bericht des Rendanten bestätigten die Mitglieder zahlreiche neue Offiziere sowie Kassenprüfer im Amt. Dabei zeigte sich, dass der Lippstädter Schützenverein sich um die Zukunft keine Sorgen zu machen braucht, diese allerdings auch nicht auf die leichte Schulter nimmt, denn der Neustart nach Corona wird kein Selbstläufer.

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